Viele von Euch kennen dieses schöne Gefühl! Es ist heiß, die Sonne brennt auf den Körper, das Boot schaukelt leicht in den Wellen und die Vorfreude für den nächsten Tauchgang läßt Dir ein Kribbeln durch den Bauch ziehen.
Was ist aber, wenn Du Dir vom langen sonnenbaden einen Sonnenbrand geholt hast, das Schaukeln des Bootes Dich seekrank macht oder das Kribbeln im Magen gar nicht die Vorfreude, sondern die Anzeichen einer heftigen Magenverstimmung sind, weil Du das Essen nicht verträgst?
Sicher, Ihr habt im Open Water Diver oder CMAS * schon gelernt, dass wir keine Medikamente vor dem Tauchen nehmen sollen - aber vergißt man das nicht allzu schnell, wenn gerade der ersehnte und verdiente Tauchurlaub ist?
Um die Brisanz des Themas aufzuzeigen, greife ich einige Beispiele auf, die ich auf verschiedenen Tauchbasen selbst erlebt habe.
Beispiel I:
Ein Taucher klagt über Ohrenschmerzen und der Tauchguide "verordnet" ihm vor und nach dem Tauchgang gleich Panotile N Tropfen in den Gehörgang zu träufeln, damit es bald wieder besser wird.
Ohrentropfen:
Sie helfen bei Gehörgangsentzündungen. Z. B. Panotile N Ohrentropfen.
Da in diesen Tropfen ein schmerzstillender Zusatz ist, der uns Druckausgleichsprobleme evtl. nicht erkennen läßt, dürfen wir damit nicht tauchen! (Dr. C.-M. Muth, Tauchen 01/2002, S. 136)
Tipp: Vorbeugen ist besser! Nehmt Euch eine kleine Wasserspritzpistole mit und spritz Euch nach dem Tauchgang vorsichtig die Ohren mit Trinkwasser aus.
Anmerkung für alle Taucher, TL´s und Guides die gerne mit Medikamenten aushelfen: Menschen die Medikamente als Nichtarzt ausgeben, können rechtlich für die Folgen belangt werden!
Beispiel II:
Eine Gruppe Taucher war am Vorabend "lange unterwegs" und auf dem Boot nehmen fast alle eine Schmerztablette um den "Kater" vor den Tauchgang in den Griff zu bekommen.
Schmerzmittel:
Präparate wie Aspirin oder Paracetamol wirken gegen leichte Schmerzen als auch fiebersenkend. Praktische Erfahrungen aus einer zehnjährigen Beobachtungszeit haben gezeigt, dass diese Mittel unbedenklich sind. Diese Mittel wurden aber 18 Stunden vor dem Tauchen nicht mehr eingenommen. (Ehm, Tauchen noch sicherer, 1996, S. 33)
Beispiel III:
Es ist ja nun hinreichend Bekannt, dass in Ägypten viele Durchfallprobleme bekommen. Um den Tauchgang nicht in der Mitte abbrechen zu müssen, nahm der Taucher beim Frühstück und kurz vor dem Tauchgang noch Medikamente gegen Durchfall.
Durchfall:
Medikamente, die Auswirkungen auf das zentrale Nervensystem haben, Schwindel- und Konzentrationsstörungen auslösen, sollten nicht vor dem Tauchen genommen werden! Dazu gehören z. B. Imodium, das nur bis 6 Stunden vor einem Tauchgang genommen werden sollte. (Ehm, Tauchen noch sicherer,1996, ab S. 32).
Bei Druchfallerkrankungen sollte auch der Ausgleich des Flüssigkeits- und Salzverlustes nicht vergessen werden! Dehydration ist ein begünstigender Faktor der Dekompressionskrankheit!
Tipp: Vorbeugen ist besser: "cook it, boil it, peel it or forget it")
Beispiel IV:
Die Basisleitung oder der Guide gibt vor der Tauchausfahrt allen nicht Seefesten noch eine Tablette gegen Seekrankheit.
Seekrankheit
Von der Seekrankheit kann jeder überrascht werden, auch wenn die Person eigentlich Seefest ist. Medikamente gegen Seekrankheit können als mögliche Nebenwirkung eine Enthemmung und damit eine erhöhte Risikobereitschaft aufweisen. (Ehm, Tauchen noch sicherer,1996, S. 365). Andere Mittel enthalten Wirkstoffe die über das zentrale Nervensystem wirken. Diese verlangsamen das Reaktionsvermögen und wirken einschläfernd. Dadurch werden z. B. die Anzeichen des Tiefenrausches noch verstärkt. Nach der Einnahme solcher Wirkstoffe ist der Taucher nicht mehr tauchtauglich!
Tipp: Abhilfe schafft oft der Wirkstoff "MCP". Durch ihn wird die Tauchtauglichkeit nicht beeinflusst. (Dr. H. Göbel, Unterwasser 03/2002, S. 11)
Diese MCP-Tropfen wirken aber nur, wenn sie eingenommen werden, bevor es dem Taucher schlecht ist! Am Besten 23 - 30 Tropfen ca. 30 - 40 Minuten vor der Bootsausfahrt.
Das sind jetzt nur vier kleine Fälle, in denen sich Taucher einer Gefahr ausgeliefert haben und sich dieser eventuell gar nicht bewußt waren!
Alle Medikamente, die eine Wirkung haben, zeigen auch unerwünschte Nebenwirkungen. Diese sind im Beipackzettel beschrieben. Aber was mit den Wirkstoffen unter erhöhtem Druck oder beim Tauchen passiert, ist weniger bzw. gar nicht bekannt. Ihre Auswirkungen auf das Menschliche Verhalten unter erhöhtem Druck ist nicht vorhersehbar.
Egal, ob diese Wirkstoffe eine enthemmende Wirkung haben und der Taucher mehr Risiko eingeht oder ob die Wirkung mehr ermüdend ist und die Konzentration stört - bei unserem Sport brauchen wir immer 100 % unseres Urteils-, Reaktions- und Wahrnehmungsvermögens! Wir setzten unser Leben, das unseres Buddys und evtl. auch noch das unserer Retter aufs Spiel, wenn wir vor den Tauchgang leichtfertig Arzneimittel nehmen. Informiert Euch bei einem Taucharzt über das Medikament bevor Ihr es nehmt - wenn unter Wasser die Nebenwirkung einsetzt ist es zu spät! Weiterhin will ich an dieser Stelle noch einmal erwähnen, dass Menschen, die Medikamente als Nichtarzt ausgeben, rechtlich für die Folgen belangt werden können!
Wenn es gar nicht mehr ohne Chemie geht, dann überlegt Euch ein oder zwei Tauchfreie Tage einzulegen, denn ein paar "verschenkte" Bootsausfahrten aus dem Tauchpaket sind immer noch günstiger als ein Tauchgang, der in der Dekokammer oder im Krankenhaus endet!
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